Jahrelang – in Zahlen ganze zwei – kämpften wir um einen von Routinen gelenkten Tagesablauf. Im Idealfall durfte sich mein zweijähriger Sohn auf fixe Essens-, Schlaf- und Spielzeiten verlassen. So spießig es klingen mag, so sehr schätzten wir einen gelungenen Routine-Tag. Denn Samuel belohnte seine Eltern dafür meist mit einer entspannten Nacht. Jetzt standen plötzlich zwei große Veränderungen bevor, die wir zeitlich nicht schlechter hätten timen können: Der Kindergarten-Start und eine Übersiedlung in ein neues Heim.
Der Kraftakt
Die gute Nachricht: Ja, wir haben es nach zäher Suche und einigen Rückschlägen geschafft: Wir übersiedeln mit Kind und Kegel an den Stadtrand. Mit der Botschaft, dass ein Umzug Stress verursacht und Nerven kostet, möchte ich hier auch niemanden langweilen. Viel mehr beschäftigte mich, wie wir – parallel zum Kindergartenstart – diese große Veränderung für meinen Sohn so angenehm wie möglich gestalten können. Und natürlich, wie es gelingt, trotzdem genug Zeit in der heißen Umzugsphase für ihn zu haben. Ein Kraftakt – so viel sei schon verraten.
Die Veränderungen
Eine Übersiedlung bedeutet für ein Kleinkind Stress. Um das zu recherchieren, musste ich nur eines unserer unzähligen Baby-Bücher zur Hand nehmen. Daher versuchten wir ausreichend (Umzugs-)Zeit einzuplanen und meinem Sohn sein neues Heim natürlich schmackhaft zu machen. Mittlerweile kennen wir durch lange Spaziergänge jeden Grashalm, jede Bobby-Car-Strecke und jeden Spielplatz in der Umgebung. Sein Zimmer tituliert er auch bereits mit seinem Namen. Bestmöglich teilen sich meine liebe Ehefrau und ich uns die Arbeiten in unserem neuen Zuhause auf, damit stets einer von uns, den kleinen Mann beschäftigt. In intensiven (Umbau-)Phasen, die mehr als zwei Hände erfordern, springt Opa für die Kinderbetreuung ein. Auch die Eingewöhnung im Kindergarten läuft zum Glück überraschend gut. Der kleine Mann zeigt sich dort von seiner besten Seite.
Erste Reaktionen
In den letzten beiden Wochen legt er seine Schokoladenseite dafür daheim gerne ab. Unvorhersehbare Wutausbrüche, passt ihm etwas nicht, stehen nun auf seiner Tagesordnung. Gerade bei seiner Mama testet er die Reizschwelle regelmäßig ab. Ob es an einem neuen Zahn liegt, am immer wieder durch den Kindergarten auffrischenden Virus, er unseren Stress spürt, ihn die Veränderungen belasten oder es einfach nur eine Phase ist, können wir nur in der Theorie beantworten. Wir gehen einmal von einer Melange aus.
Stressfaktor Zeit
Doch damit bin ich schon bei meinem zweiten Problem. Zu wissen, dass mein Sohn im Kindergarten gut betreut ist und diesen auch gerne besucht, sollte ebenso beruhigen, wie die Beförderung von Opa zum „inneren“ Kreis. Doch tatsächlich stressen mich diese – eigentlich guten – Umstände. Einerseits, weil ich gerade mitten im ersten „Loslass-Prozess“ stecke und dabei noch viel Luft nach oben habe. Andererseits will ich die nicht elterliche Betreuung tagsüber, abends und am Wochenende kompensieren. Was aufgrund des nicht enden wollenden Packens und Schleppens der Umzugskisten schon einmal zeitlich nicht so möglich ist, wie ich es mir wünsche.
Lösungen?
Zunächst muss ich an meinem eigenen Papa-Sohn-Abnabelungsprozess arbeiten. Sonst brauche ich über einen Babysitter, der uns endlich schöne, gemeinsame Abend als Paar ermöglichen soll, gar nicht mehr nachdenken. Mit der Idee, mich zu klonen, um meinen Aktionsradius zu erweitern, hätte meine liebe Ehefrau wenig Freude. Schon jetzt höre ich während eines Wutausbruchs meines Sohnes die mahnenden Worte, dass nun für längere Zeit einmal Ruhe in unserer Familie einkehren muss. Ich hingegen baue darauf, dass wir dem kleinen Mann mehr zumuten können, als wir letztlich glauben. In meinem manchmal aufkommenden Optimismus zähle ich seine Wutausbrüche zu logischen Entwicklungsschritten, die auch wieder vergehen. Schließlich absolviert er ja gerade seinen Kindergartenstart ohne große Tücken und ist ein Herz und eine Seele mit seinem Opa geworden. Die Wahrheit wird wie so oft in der Mitte liegen. Und diese wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Denn dann steht der endgültige Umzug an!
Wir drücken die Daumen für den Umzug, steht bei uns nächstes Jahr auch an. Bin gespannt, wie Hugo diesen Veränderungsprozess mitmachen wird.
LG, Richard vom https://www.vatersohn.blog/