Erst im fortgeschrittenem Alter fühlte ich mich bereit, das erste Mal in meinem Leben Vater zu werden. Dadurch konnte ich natürlich genügend Best Practice-Beispiele sammeln und für mich das Profil des modernen Vaters schärfen. Weg vom klischeebehafteten Ernährer der Familie hin zum allwissenden, an allem interessierten Super-Dad lautete mein Credo. Der sich nicht nur täglich zwei Stunden seinem Nachwuchs nach einem Arbeitstag widmet, der kein Babysitter ist, und der auch sämtliche Aufgaben einer Mutter übernehmen kann. Eine Väterkarenz stand hier klarerweise ganz oben auf meiner „Moderner Vater“-Liste. Alles in der Theorie freilich.
Die Planung
Schließlich forderte die Realität Taten. Mein Sohn kündigte sich an. Intensiv beschäftigten sich meine liebe Ehefrau und ich mit den verschiedenen Karenzmodellen in Österreich. Was Kinderbetreuung tatsächlich bedeutet, wussten wir nur aus Erzählungen. Beide gingen wir gerne unserem Beruf nach, beide wollten wir so rasch wie möglich unsere Arbeit so fortsetzen, wie in Vor-Baby-Zeiten. Zudem war uns wichtig, unser Kind in den ersten Jahren gut (selbst!) betreuen zu können. Zusätzlich verschärften sich mit der angekündigten Ankunft unseres Sohnes auf dieser Welt unsere Gedanken an eine abgesicherte Zukunft. Das Motiv, die finanziellen Einbußen gering zu halten, begleitete damit jede Überlegung. Und stand im Widerspruch zu meinem theoretischen Vater-Modell.
Die Realität
Letztlich entschieden wir uns für eine Karenzzeit von 18 Monaten für meine liebe Ehefrau. Ich hingegen nahm keine Auszeit in Anspruch. Damit bekam mein selbst geschnitztes Profil einen ersten, tiefen Kratzer. Ich verzichtete neben einer möglichen Väterkarenz auch auf meinen Papa-Monat. Stattdessen verbrauchte ich meine restlichen Urlaubstage, um die ersten Wochen bei meiner jungen Familie sein zu können. Und dabei kann ich nicht einmal meinem Arbeitgeber die Schuld geben. Ich fragte nämlich gar nicht an. Womöglich hätte dieser sogar meine Auszeit unterstützt. Allerdings auf meine Karenz auch reagieren müssen und meine Position nachbesetzen. Das Risiko, mit einer Karenz sowohl finanzielle Einbußen als auch einen tiefen Karriereeinschnitt zu forcieren, wollten meine liebe Ehefrau und ich nicht doppelt eingehen. Es genügte uns, dass schon die werdende Mutter selbst knapp zwei Jahre ihrem Beruf fernbleiben muss.
Das große Umdenken
Nicht nur in diesem Punkt musste ich also umdenken und mein Profil des modernen Vaters schärfen. Ich beruhigte meine Zukunftssorgen, indem ich für meinen Sohn in seinem ersten Lebensjahr mehr Vorsorgeprodukte (und eine Rapid-Mitgliedschaft) abschloss, als ich selbst besitze. Ich lernte, mich selbst in vielen Dingen zurückzunehmen. Denn allinteressiert bedeutet nicht gleichzeitig allwissend. Noch immer gibt es einfach Themen, die löst meine liebe Ehefrau rascher und besser, als ich es jemals könnte. Und noch immer gibt es Momente, da braucht mein Sohn einfach nur seine Mama. Egal, wie viel Mühe ich mir auch gebe. Auch versäume ich die Premieren vieler Entwicklungsschritte meines Sohnes. Mir bleiben die zwei Stunden am Abend nach einem Arbeitstag und die Wochenenden. Zeitfenster, die ich nie haben wollte, aber jetzt zu schätzen und bestmöglich zu nützen weiß.
Der neue Weg
Moderne Väter gehen in Karenz. Das habe ich selbst lange Zeit geglaubt. Und ich bewundere die Eltern, die den Mut haben, Auszeiten als Vater und Mutter in Anspruch zu nehmen. Doch noch mehr bewundere ich Väter, die beides schaffen. Berufstätig und ein guter Papa zu sein. So wie mein Vater. Ich habe aber noch einen weiten Weg vor mir, mein neues Profil vom modernen Super-Dad zu erfüllen. Ein Babysitter bin ich allerdings immer noch nicht. Die schlägt mein Sohn nämlich regelmäßig in die Flucht.
Wir halten es für richtiger und wichtiger, die Zeit JETZT zu nutzen, solange uns der Kleine braucht und solange wir alle gesund sind.
In der schnelllebigen Zeit weiß man nie was kommt, sei es beruflich, sei es gesundheitlich, etc. Daher genießen wir alle zusammen das hier und jetzt.
Es muss jeder für sich entscheiden, wo die Prioritäten im Leben sind. Ich persönlich würds andernfalls bereuen, wie viele andere voll arbeitende Väter, zumindest insgeheim. Wenns dann schon längst zu spät ist.
Diese vermeintliche Angst um eine “gesicherte Zukunft” ist immer die Paradefloskel, im gleichem Maße aber der Grund, weshalb auch die Arbeitgeber noch immer – trotz der gleichgestellten rechtlichen Grundlagen – Väter diskriminieren wenn sie vermehrt für das Kind da sein wollen. Ein Teufelskreis.
Hi Michael, ich kann nur nochmals betonen, dass es sich absolut lohnt, finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen und im Gegenzug lieber die gemeinsame Zeit zu genießen und auf den ein oder anderen “Luxus” zu verzichten. Dein Kind dankt es dir ein Leben lang und das ist deutlich mehr wert als jeder Euro. Was hilft es dir, mit 70 vielleicht eine schöne Pension zu kassieren, volle Sparkonten zu haben… wenn dein Kind vielleicht nichts von dir wissen will, hätti wari…
Hallo Florian, ich stimme dir wieder voll zu! Auch dein Plädoyer für eine Elternteilzeit bringt mich zum Nachdenken.
Letztens hast du allerdings gemeint, dass ihr – seit ihr Eltern seid – nicht mehr langfristig plant. Das ist bei mir genau anders. Seit ich Vater bin, denke ich viel mehr an eine abgesicherte Zukunft, beschäftige mich schon intensiver damit, was wir als Eltern einmal unserem Sohn bieten können. Das war früher sicher anders.
Das kann ich nur unterschreiben, was Florian hier geschrieben hat! Ein Vater, der in Karenz geht, macht mit seinem Kind einfach gaaaanz andere Erfahrungen als ein Vater, der ständig berufstätig ist. Die Bindung zwischen Kind und Vater ist eine ganz andere, sehr besondere. Diese Zeit kannst du nie mehr nachholen! Und wenn du gut in deinem Job bist, dann bedeutet das auch keinen Karriere-Knick. Ich kenne Männer, deren Leitungsposition 4 Monate lang für sie frei gehalten wurde, einfach weil sie gut sind! Und ich persönlich würde auch nicht in einem Unternehmen arbeiten wollen, das einem Steine in den Weg legt, wenn der Vater in Karenz gehen möchte. Falls das bei dir der Fall sein sollte, das wissen wir ja nicht! 😉
Ich bin absolut überzeugt, dass gemeinsame Zeit das Wertvollste und Tollste ist, das du deinem Kind bieten kannst! Das wirkt sich positiv auf seine Zukunft aus, auf eure Bindung und Vertrauensbasis, das macht ihn selbstbewusst, auch für kommende Schwierigkeiten, die sich mit Geld nicht lösen lassen.
Außerdem wirkt sich eine geteilte Karenz auch positiv auf die Beziehung der Eltern aus. Du kannst deine Frau noch so viel anhimmeln und ihre Leistungen bewundern, auch hier öffentlich am Blog, dass es außenstehenden fast schon suspekt ist. Eine geteilte Verantwortung macht einfach was mit einem als Paar, als Elternteil. Das macht das Gutes.
Also, sei mutig, schmeiß die finanziellen Ängste über Bord und deponiere deinen Karenzwunsch bei deinem Arbeitgeber! Für deinen Sohn – sei ihm ein Vorbild!
lg Anna
Danke für deine ehrliche Meinung! Auch ich stimme Florian ja voll und ganz zu. Es ist sicher leichter, eine Bindung zu seinem Kind aufzubauen, wenn man als Vater in Karenz ist. Und diese Erfahrung ist auch ganz sicher nicht materiell aufzuwiegen. Mich stört an dieser Diskussion nur, dass man Berufstätigkeit mit Materialismus gleichsetzt und über eine gemeinsame Vater-Sohn-Zeit stellt. Das würde auch bedeuten, dass alle berufstätigen Eltern, Raben-Eltern sind. Das stimmt eben nicht. Wir tragen als Eltern beide eine Verantwortung unserem Kind gegenüber. Nicht nur für ein paar Jahre, sondern für immer. Und diese haben wir uns so aufgeteilt und nach unseren, gemeinsamen Lebensplänen umgesetzt. Wäre die Aufteilung umgekehrt, macht mich das nicht automatisch zu einem „modernen Vater“ und meine Ehefrau zu einer schlechten Mutter. So wie jedes Kind individuell ist, sind das auch die Lebenssituationen und die Einstellungen von Eltern. Mag sein, dass wir vor zehn Jahren anders entschieden hätten. Heute ist das allerdings unser Weg. Mit all seinen Stolpersteinen, die aber jeder eingeschlagene Weg mit sich bringt. Und auch berufstätige Väter können ihren Kindern ein Vorbild sein.
Und ja, ich bewundere meine Frau, wie sie viele Sachen meistert. Das zeige und sage ich ihr auch gerne persönlich oder hier auf meinem persönlichen Blog 😉