Gerade hatte ich noch den Papa-Olymp mit dem „Baby-zu-Bett-bringen“ erklommen. Schon geht es einen Schritt weiter. Mein Sohn soll im eigenen Bett einschlafen. Als nächster Zwischenschritt, bevor er sein eigenes Zimmer bezieht. So lautete der Auftrag meiner lieben Ehefrau. Ich zickte ein wenig herum, wollte auf Zeit spielen. Schließlich schätzte ich das gemeinsame Papa-Sohn-Einschlafritual im elterlichen Bett sehr. Daher suchte ich Verbündete im Freundeskreis, die ihr Kind auch noch bei sich einschlafen ließen. Aber fand sie nicht. Einhelliger Tenor: Mit knapp zwei Jahren sollte das Kind doch schon im eigenen Bett schlafen.
Die Veränderung
Seit knapp vier Monaten brachte ich Samuel ins Bett. Nach rund 45 Minuten schlief er auf oder bei mir ein. Danach legte ich ihn behutsam in sein eigenes Bett. Zugegeben, der Zeitrahmen zeigte deutliches Verbesserungspotenzial. Aber ich war zufrieden. Also wozu etwas ändern? Meine Trägheit bei diesem Thema ignorierte meine liebe Ehefrau. Also gings an die Umsetzung. Bei der Premiere hörte ich am Weg in das Schlafzimmer noch die liebliche und zugleich strenge „Bleib stark“-Botschaft seiner Mama. Nicht nur ich zweifelte also an meiner Konsequenz …
Die neue Schlafordnung
Ich erklärte meinem Sohn den neuen Ablauf, wartete auf seine Zustimmung und legte ihn in sein Bett. Er händigte mir sofort seine Stofftiere aus seinem Schlafbereich aus, damit ich sie im gemeinsamen Bett positionieren kann. So wie sonst auch. Sofort streckten sich mir zwei Arme entgegen, mit der Aufforderung, ihn ebenfalls in dieses Bett zu befördern. So wie sonst auch. Ruhig erklärte ich ihm erneut die aktuelle Situation. Samuel lauschte aufmerksam. Und startete einen laustarken Protest. Begleitet von einem immer länger werdenden Zeigefinger, der mir eindeutig seinen Wunsch mitteilte. Ich hockte vor dem Gitterbett, bohrte eine Hand zu seiner Beruhigung durch die Gitterstäbe. Mein Sohn streckte seinen Kopf über das Gitter, um ihn in meiner anderen Hand zu vergraben und mich ganz fest zu drücken. Nur langsam beruhigte er sich. Und ich mich.
Suche nach dem Ausweg
Eine gewisse Gefängnisatmosphäre konnte ich nicht verleugnen. Dafür sorgten nicht nur die Gitterstäbe, sondern auch meine gedankliche Suche nach Auswegen. Ich sammelte Argumente für eine Fristverlängerung. Vielleicht bis zu seinem 2. Geburtstag? Ich überlegte, mein bewährtes Einschlafritual beizubehalten und vor meiner lieben Ehefrau zu verheimlichen. Wer sollte uns denn schon verraten? Während ich über Ausflüchte sinnierte, wurden die Augen meines Sohnes immer kleiner. Obwohl er immer noch in seinem Bett stand. Behutsam versuchte ich ihn hinzulegen. Mittlerweile lag ich ja selbst schon am Boden davor. Kurz öffneten sich seine Augen. Sein Blick sagte klar und deutlich: „Ich will deine beiden Hände hier bei mir haben und wehe, du gehst!!“ Ich wagte nicht zu widersprechen. Rund 30 Minuten später schlief mein Sohn tief und fest. Und ich begann, mich aus dem knappen Spalt zwischen Gitterbett und Bett zu schälen.
Langsamer Fortschritt
Ab der fünften Nacht stellte sich eine Veränderung ein. Er schlief nämlich nicht mehr im Stehen ein, sondern liegend und ohne Protest. Was für ein Fortschritt! Ich selbst wollte daher vom Boden ins Bett neben dem Gitterbett wechseln. Und erntete dafür einen Wutausbruch und einen kommandierenden Zeigefinger, der mir klar machte, wo mein Platz denn sei. Außerdem forderte mein Sohn beim Einschlafen weiterhin meine Hände in seinem Gitterbett – eine, um seinen Kopf einzugraben, eine fürs Festhalten. Was mir ein nicht altersgerechtes Stretching-Programm sämtlicher Muskelpartien verschaffte. Doch Hauptsache, das Baby schläft wie ein Baby. Allerdings braucht es dafür immer noch rund 30 Minuten, Tendenz allmählich sinkend.
Der Weg ist das Ziel
Zweifellos hätte ich mit einem zeitlichen Aufschub dieser Schlafveränderung leben können. So stolz war ich, wie erfolgreich unser eigenes Papa-Sohn-Einschlafritual funktionierte. Dennoch war uns schon seit Monaten bewusst, dass wir gegenseitig unsere Schlafruhe stören und unser Sohn bald sein eigenes Zimmer braucht. Als logischen Zwischenschritt musste Samuel eben davor den Sinn seines eigenen Bettes erkennen. Ob wir mit unseren Überlegungen richtig liegen, wird der kleine Mann seinen Eltern mit Sicherheit mitteilen. Und ich berichten.