Ein Dach, ein Bett, ein Fortbewegungsmittel und etwas zum Anziehen zur Verfügung zu stellen, sah ich nicht als Meilensteine meiner angehenden Vaterschaft an. Fünf Einheiten Geburtsvorbereitung und ein paar Unterhaltungen bei der Hebamme unseres Vertrauens versorgten mich zwar mit Theorie, die Praxis blieb ein unerforschtes Gebiet. Ich wollte als Papa einfach für (fast) alles eine Lösung haben: Wie bringe ich mein Baby von A (Bett) nach B (Kinderwagen), ohne seine Gesundheit zu gefährden. Auch das Trockenlegen und das Geruchneutralisieren wollte ich aktiv gestalten.
(M)ein Papa-Tick?
Dieses Denken und Handeln kam für mich selbst überraschend. Vielleicht beunruhigte mich, dass mein letztes Baby-Schaukel-Erlebnis schon Jahre her war. Damals legte ein langjähriger Freund seine paar Wochen alte Tochter in meine Arme. Verharrt blieb ich gefühlte Stunden in dieser Position sitzen, traute mich nicht zu bewegen, damit ich das Baby weder aufwecke noch durch meine Ungeschicklichkeit verletze. Das sollte bei meinem Sohn anders werden. Ich wollte das Handling beherrschen. Vielleicht tickt ja ein werdender Vater beim ersten Kind so. Oder es ist doch mein ganz eigener, exklusiver Tick. Auf jeden Fall musste ein Trockentraining her.
Test-Baby
Diesen Wunsch offenbarte ich der Hebamme unseres Vertrauens. Mit einem Lächeln veranschlagte die Expertin für die Basics Wickeln, Baden, Anziehen, Tragen eine 30-Minuten-Einheit. Hier hatte sie die Rechnung ohne mich gemacht … Beim Anblick des Test-Babys erlebte ich erstmals Anzeichen eines Vater-Beschützerinstinkts. Kommt mein Sohn mit dieser Beatles-Gedächtnisfrisur auf die Welt, gilt mein erster Anruf nach der Geburt einer Friseurin. Die Befreiung dieser Matte wäre ich ihm schließlich schuldig, bevor er sich der Außenwelt präsentiert. Zum Glück handelte es sich bei dem Test-Baby um eine Puppe.
Der Praxisteil
Ruhig und gelassen erklärte die Hebamme den ersten Handgriff: Brav folgte ich ihrer Anweisung, schob meinen linken Arm unter den Nacken des Babys durch, stützte diesen, während Daumen und Zeigefinger den linken Oberarm umschlossen. Mit der rechten Hand hob ich das Baby schließlich hoch. Teil zwei, das Wickeln, war glücklicherweise tatsächlich ein Trockentraining. Eine Minute benötigte ich für das erste Anlegen, schneller schaffte ich es sogar im zweiten Anlauf. Die Windel saß, das Test-Baby wirkte trocken und glücklich. Die wahre Königsdisziplin wartete aber noch auf mich: Das Anziehen des Bodys.
Body: der Feind eines Mannes
Zunächst scheiterte ich am Knopfsystem des Bodys. Rund 20 Druckknöpfe auf nicht einmal 30 cm Stoff verwirren jeden Mann in dieser (Druck-)Situation. Die Hebamme erkannte meine Talentfreiheit und löste den Knoten, während ich im Augenwinkel meine liebe Ehefrau verzweifeln sah. Ihrem Blick entnahm ich die Sorge, ob unser Baby jemals seine Kleidung korrekt tragen werde, sollte sie nicht selbst anwesend sein. Im zweiten Anlauf schaffte ich zumindest den Body über den Kopf des Test-Babys zu ziehen. Nur der Arm wollte nicht dort hinaus, wo er eigentlich sollte. Diesen Ausgang hatte ich nämlich bereits voreilig zugeknöpft. Mit unterstützenden Kräften schaffte ich es schließlich im dritten Versuch einer Puppe (!) einen Body anzuziehen. Nicht auszudenken, vor welcher Herausforderung ich stehen werde, bewegt sich mein Sohn beim Ankleideprozess.
75 Minuten dauerte mein persönlicher Praxis-Workshop. Was immer sich Baby-Body-Erfinder dabei dachten – ein Klettverschluss wäre die Lösung …