„Was wird es denn? Mädl oder Bua?“ war die häufigste Frage in der ersten Halbzeit der Schwangerschaft. Meist wich ich mit der gänzlich von Humor befreiten Antwort aus: „Egal. Hauptsache, der Bua ist gsund.“ Tatsächlich wusste ich es einfach nicht. Am liebsten ein Mädchen und einen Buben – in dieser Reihenfolge. In meinem Kopf spielte sich eine tägliche Gefühlsachterbahn mit den Stationen Freude, Unsicherheit, Stolz und Beschützerinstinkt ab. Schließlich half mir mein ungeborenes Kind meine eigenen Gedanken zu verstehen.
Es ist ein Mädchen!
Die (Online-) Meinungen gehen auch hier wieder einmal auseinander, ab welcher SSW das Geschlecht zu erkennen ist. Bei der Untersuchung in der 17. SSW konnte es bei unserem Kind nur vermutet werden, vier Wochen später erkannte unsere Frauenärztin zu 90 Prozent ein Mädchen. Diese Prozentangabe reicht für werdende Eltern völlig aus, um das Kinderzimmer schon rosa zu streichen. Meine Freude, Vater einer Tochter zu werden, war überschäumend groß. Jetzt wusste ich es: Ich wollte immer ein Mädl. Sofort hatte ich meine zehn Punkte im Kopf, die ich meiner Tochter beibringen oder wie ich sie durch das Leben begleiten möchte. Am nächsten Morgen zog eine dunkle Sorgen-Wolke auf: Kann ich überhaupt ein guter Vater für eine Tochter sein? Werde ich ihr später bei Problemen helfen können? Werde ich jemals die Farbe rosa mögen? Schon in meiner Jugend hatte ich Schwierigkeiten, das Verhalten meiner Schwester zu verstehen. Auch meine liebe Ehefrau schafft es, mir immer wieder Rätsel aufzugeben.
Vier-Augen-Gespräch
Ich hatte gelesen, dass ein Baby Stimmen bereits im Bauch wahrnehmen kann. Also suchte ich das Gespräch mit meiner Tochter, um uns beiden Sicherheit und Zuversicht zu versprechen. Ich erzählte ihr, was wir alles gemeinsam vorhaben, wie ich sie beschützen werde, und dass alle Männer Schweine sind. Als Reaktion bekam ich einen leichten Tritt, den ich als „Keine Sorge, Bro. Wir schaffen das“ einstufte. Fünf Tage später wusste ich, dass es doch keine Zustimmung war. Denn im Rahmen des Organscreenings erkannte die Ärztin eindeutig sämtliche Merkmale eines Buben.
Es ist ein Bub!
Ich war erleichtert. So sehr ich mich auf meine Tochter schon freute. Ich fühlte mich deutlich sicherer. Kein Problemfeld, das in den nächsten Jahren auf mich als Vater zukommen könnte, machte mich umgehend nervös. War ich doch überzeugt, alles schon einmal selbst erlebt zu haben, als Bub, als junger Mann. Wahrscheinlich rede ich mir vieles davon sehr gerne ein. Es kommt ja immer alles anders, als man zunächst denkt. Doch gerade beim ersten Kind klammert Mann sich an jeden Strohhalm, der einem vielleicht Halt und Sicherheit als Vater geben kann.
Übrigens: Das Kinderzimmer hatte ich in den fünf Tagen als Vater einer Tochter noch nicht rosa gestrichen.