Eltern kennen das: Die Uhr tickt immer lauter, während das eigene Kind scheinbar alle Zeit der Welt hat. Auch mein dreijähriger Sohn entwickelt sich bereits zum Meister des Zeitschindens, bestimmt die Zeit nach seinen Regeln. Ob morgens, tagsüber oder abends – sein Portfolio an Zeitspiel-Mätzchen kennt keine Grenzen. Gleichzeitig zerrt er damit auch kräftig an meinem Geduldsfaden. Doch was kann man dagegen tun? Antreiben und auf das Tempo drücken? Oder einfach machen lassen?
Morgens
Die morgendliche Routine ist eigentlich in Stein gemeißelt. Eigentlich. Denn nur selten hält mein dreijähriger Sohn den Zeitplan so ein, wie dieser geplant ist. Zu gerne packt er seine Zeitspiel-Mätzchen aus, während die Uhr auf dem Weg zur Arbeit mit Station im Kindergarten gnadenlos tickt. Plötzlich will mein Sohn seine Garderobe farblich selbst abstimmen und Stück für Stück allein anziehen. Oder er möchte das Auto in Eigenregie aufsperren und in den Kindersitz klettern. All diese Ideen kosten vor allem bei der Premiere viel Zeit. Die morgens eben knapp ist. Und den eigenen Puls höher schnellen lässt, wenn man nur untätig und beobachtend danebenstehen kann, während sich der kleine Mann verwirklicht.
Tagsüber
Stehen nach dem Kindergarten oder am Wochenende noch Termine auf dem Programm, schadet es nicht, einen großzügigen Zeitpuffer einzubauen. So viel habe ich bereits gelernt. Dabei spielt die Qualität des Programms gar keine entscheidende Rolle. Der kleine Mann hat es einfach niemals eilig, irgendwohin zu kommen. Alles muss er einmal bequatschen, bevor er wieder Zeit hat, seine Mätzchen von Beginn des Tages zu wiederholen. Und natürlich neue Tricks des Zeitschindens ausprobiert.
Abends
Den Gipfel des Zeitschindens erreichen wir jedoch in der Phase vor dem Zu-Bett-Gehen. Plötzlich übermannt Samuel permanent ein unstillbarer Durst, dem jeweils ein Toilettengang folgen muss. Gerade jetzt verspürt er den Drang, seine Spielsachen zu sortieren und wegzuräumen. Und natürlich genau zu diesem Zeitpunkt startet er seine Vortragsreihe über sämtliche Erlebnisse, Eindrücke der letzten und seine Pläne der nächsten Tage. Alles in Bewegung, denn sonst wäre das Zähneputzen und das Anziehen des Pyjamas für seine Eltern auch zu einfach. Auf dem Weg ins Bett muss sich Samuel klarerweise noch ein paar Bücher schnappen, die er „schon sooo lange nicht mehr gelesen hat“.
Einschreiten oder machen lassen?
Morgens gelingt es mir überraschenderweise leichter, mit seinem Zeitspiel klar zu kommen. Ich lasse ihn einfach machen. Auch unter Zeitdruck. Denn tatsächlich sind wir kaum schneller, greife ich in seinen eigenen Plan ein, diskutiere die Abfolge oder erkläre, warum seine Idee – z.B. das Anziehen von Gummistiefeln an einem strahlenden Sommertag – jetzt nicht so ideal ist. Ja, ich stehe einfach da und beobachte. Wie mein Sohn seine Jacke selbst anzieht und nach dem dritten gescheiterten Versuch, den Reißverschluss zu schließen, um meine Hilfe bittet. Oder wie er seine Schuhe richtig anzieht (und dabei das passende Schuhwerk wählt). Denn irgendwann wird er auch das selbst können. Wenn ich ihn nur lasse.
Nervenprobe
Abends hingegen zerrt das Geplänkel hingegen viel mehr an meinen Nerven. Es fällt mir weit schwerer, seinen Mätzchen kurz vor dem Schlafengehen etwas Positives abzugewinnen. Ich finde das Zeitspiel auch nicht mehr so spannend, wie mein Sohn: Ich merke, wie ich ihn antreibe, korrigiere und mich bemühe, geduldig zu bleiben. Warum auch immer. Denn eigentlich stehe ich ja zu dieser Tageszeit selbst nicht mehr unter Zeitdruck …
Ohja ich kenne es auch bei meiner Maus mit 19 Monaten nur zu gut. In der Früh solls in die Krippe gehen. Da spielt man lieber mit den Bauklötzen und beim Abholen und nach Hause gehen hat sie genug Zeit um alle Gartentüren der Häuser, die wir passieren, zu schließen…
Grüße
Maximilian von derpapablog.de