Auf der Suche nach Normalität

Rund zwölf Wochen ist es her, dass Samuel mit seinem ersten Schrei begann, mein Leben auf den Kopf zu stellen. Mein Zeitmanagement bekam einen neuen Auftraggeber, die früher „ur“ wichtigen Dinge wurden wieder nur zu „Dingen“. Schleichend, aber nachhaltig, verschoben sich in dieser kurzen Zeit meine Prioritäten. Und so schön und aufregend diese Phase auch ist – die Suche nach Normalität im Alltag lässt mich nicht los.

Ja, ich bin Papa

Nein, realisiert, dass ich ab jetzt – tatsächlich, ohne Wenn und Aber – Papa bin, habe ich es auch nach rund zwölf Wochen nicht. Dafür vergehen die Tage mit meinem Sohn zu schnell, bleibt zu wenig Zeit, um kurz innezuhalten. Samuel ist zweifellos ein Geschenk, das mein Leben und das meiner lieben Ehefrau unglaublich bereichert. Aber auch füllt. Und verändert.

Morgen-Routine

Früher, in Vor-Samuel-Zeiten, tappte ich am Wochenende müden Schrittes in die Küche, schaltete routiniert die Kaffeemaschine ein und gab mir die Zeit, während des Genießens des Kaffees, langsam den Tag zu begrüßen. Diese Herangehensweise optimierte ich im Laufe der Jahre und beherrschte ich sogar fehlerfrei. Heute benötige ich mindestens drei Anläufe, um die Kaffeemaschine überhaupt zu erreichen. Stets wird meine Leichtfüßigkeit für morgendliche Botengänge genutzt, um Samuel ein sorgenfreies Frühstück zu ermöglichen. Und mir bleibt die Bewunderung, wie meine liebe Ehefrau das alles unter der Woche ohne mich schafft.

Abendprogramm

Dunkel in Erinnerung sind mir noch die Abende – nach einem langen, harten Arbeitstag, bei kaltem, feuchtem Wetter – die meine liebe Ehefrau und ich bei einem guten Film auf der Couch ausklingen ließen. Oder uns ein TV-Fremdschäm-Thema berieselte, bis unser Hirn irgendwann w.o. gab und wir einnickten. Sobald meine liebe Ehefrau und ich heute ein Revival dieser Abende auch nur planen, durchkreuzt unser Sohn zielsicher dieses Vorhaben. Jetzt weiß ich, warum Streaming-Dienste mit Timeshift-Funktion boomen. Jung-Eltern können wenigstens so einen Film in mehrtägigen Etappen sehen. Ich arbeite daran, meine TV-Aufmerksamkeitsspanne an die Ruhephase meines Sohnes anzupassen. Viel Zeit bleibt nicht, stehen die ersten Entscheidungen in der Champions League-Auftakt ja vor der Tür.

Soziales Umfeld

Im „Vater werden“-Modus stellt man sich vieles anders und vor allem so praktikabel vor. Man will seine Bier-Termine mit Freunden weiterhin pflegen, seinen Hobbys nachgehen und dennoch genug Zweisamkeit finden. In der Realität verschiebt sich unscheinbar der Fokus auf die gemeinsame Zeit als Familie. Magisch ziehen uns beispielsweise Freunde mit Kind an. Ein weiteres Phänomen einer jungen Elternschaft ist, dass unser Baby überwiegend als Eintrittskarte dient. Verwandte oder Freunde bereiten den roten Teppich auf, kündigen wir uns MIT Samuel an und rollen ihn wieder ein, sollte er unpässlich sein.

Was bleibt, ist die Frage, ob wir nicht eh schon in der Normalität angekommen sind. Ob unser Alltag, unser Tagesablauf nun eben so aussieht und das „Früher“ nur noch eine Reifenspur im Sand ist. Wir werden es wahrscheinlich wissen, wenn wir den gegenwärtigen Alltag wieder herbeisehnen. Und ich werde hier darüber berichten.

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