Laufen mit Kinderwagen – ein Papa-Sohn-Projekt

Es war eine Mischung aus jugendlichem Leichtsinn und väterlicher Naivität. Nach rund einem Jahr fast völliger Sportabstinenz wagte ich wieder den Schritt auf meine Waage. Schonungslos teilte sie mir umgehend mit, mir nicht mehr solche Zahlen reporten zu wollen. Ich musste also endlich eine Lösung finden, trotz knapper Zeitressourcen  das Laufen wieder in meinen Alltag zu integrieren. Die einzigen Zeitfenster, die ich bisher in meinem Papa-Leben fand, lagen im Dunkeln – also frühmorgens, wenn mein Sohn noch schläft oder spätabends, wenn er selbiges wieder tut. Tänzle ich allerdings um 5 Uhr früh schwerfällig aus dem Bett, löst meine fehlende Leichtfüßigkeit eine Verkettung von unliebsamen Ereignissen aus. Abends, nachdem Samuel endlich schläft, reicht meine Energie gerade noch aus, um selbst den Weg ins Bett zu finden. Ich musste also Baby und Sport zusammenführen.

Die Premiere

Also wischte ich eines düsteren Novemberabends die Staubschicht von meinen Laufschuhen, packte Samuel in seinen Kinderwagen und startete meinen ersten Papa-Sohn-Laufversuch. Dem kleinen Mann gefiel auf den ersten Metern sichtlich die Tempoverschärfung im Vergleich zur herkömmlichen Ausfahrt. Ich hingegen kämpfte mit Koordinationsproblemen. Wie manövriere ich diesen rund 25 kg schweren Ballast vor meinem Körper? Einhändig oder beidhändig? Brauche ich nicht eine freie Hand für meinen Laufrhythmus? Diese Fragen beschäftigten mich bis zur ersten, leichten Erhebung. Dort stand fest, dass ich die Muskelkraft beider Arme brauche, um den Kinderwagen mit meinem Sohn über diesen kleinen Hügel, der mir sonst noch nie aufgefallen war, zu schieben. Mit jedem Kilometer veränderte sich meine Technik. Willkürlich. Denn immer mehr lenkte und stützte der Kinderwagen eher mich als umgekehrt.

Zieleinlauf

Nach über 50 Minuten bog ich atemlos in die Zielgerade ein. Meine Erschöpfung musste sich auf meinen Sohn übertragen haben. Trotz Sitzposition im Kinderwagen fielen ihm immer wieder die Augen zu. Langsam schleppte ich mich auf den letzten Metern nach Hause. Froh, meinen Sohn nun meiner lieben Ehefrau zu übergeben und die nächsten Stunden regenerativ – wie es mir meine Sportuhr nahe legte – auf der Couch zu verbringen. Sie nutzte allerdings die Abwesenheit ihrer beiden Männer und verabschiedete sich selbst aus der Wohnung. Ihr spontan einberufener Mädelsabend besorgte mir ein zusätzliches Zirkeltraining – krabbelnd auf dem Boden mit meinem Sohn.

Fazit

Ja, es kann funktionieren. Meine Motivation, Laufeinheiten mit meinem Sohn zu absolvieren, ist hoch. Wenn ich nur ein paar Dinge in Zukunft beachte: Schotterwege sind zu vermeiden, da sie unglaublich Kraft rauben. Auch an meiner Kinderwagen-Lauf-Technik muss ich noch feilen. Beides könnte allerdings ein lauftauglicherer Kinderwagen lösen (hier baue ich auf mein Verhandlungsgeschick, einen Lauf-Kinderwagen in die Budgetverhandlungen 2018 mit meiner lieben Ehefrau aufzunehmen). Auch war meine Kilometerzeit unterirdisch, lag diese doch fast eine Minute über meiner damaligen, lockeren Laufzeit. Überraschenderweise hatte ich am nächsten Tag auch keinen Muskelkater. Der kam erst am zweiten Tag. In Beinen, Armen und Rücken. Es muss die Rache aller vernachlässigter Muskeln im letzten Jahr gewesen sein. Auf jeden Fall tat der ganzen Familie die (Frisch-)Luftveränderung gut. Alle drei schliefen wir nachts wie ein Baby.

10 Kommentare

  1. Mit der Manduca stell ichs mir recjt mühsam vor: für deinen Rücken und auch fürs Kind.
    AAAABER als leidenschaftliche Läuferin kann ich dir sagen, dass der Croozer (Fahrradanhänger) mit dem “Joggingrad” (weiß nicht, wies wirklich heißt) auch mit 2 Kindern super funktioniert. In der Ebene fährt der quasi von selbst. Ich schieb ihn immer schwungvoll nach vor und lauf dann normal nach, bis ich ihn wieder eingfholt hab. Schaut a bissl lieblos aus, is es aber natürlich nicht 🙂 lg, anja

    1. Hallo Anja, das klingt ja richtig gut! Selbst das “lieblose Rollen” würde mich ja nicht abschrecken 😉
      Und der Umbau vom Anhänger zu Kinderwagen mit Joggingrad ist einfach?

      1. Ich verrate dich eh nicht 😉
        Sieht sehr cool aus! Ich nehme das Ding sicher in die nächsten Familien-Budget-Verhandlungen auf ;-). Ersetzt das den “normalen” Kinderwagen?

      2. Nein, das nicht. Aber unsre Kinder sind knapp beisammen und ich verwends als Buggy. Meine Große is knapp 2,5, der Kleine 8 Monate. Wenn ich nicht für 100m 20 Minuten brauchen will bzw. den Kleinen tragen (damit die Große im Buggy ist), setz ich sie beide in den Anhänger. Der hat nämlich nicht nur ein Laufrad, sondern auch ein Buggyrad dabei. Aber mit ca. 800€ ist das schon eine ganz schöne Investition gewesen. Bei uns zahlt sie sich aber aus, weil wir den Croozer viel nutzen und auch viee Wege mit dem Rad zurücklegen (dafür ist der Croozer ja eigentlich da).

      3. Bei zwei Kindern zahlt sich das sicher aus!
        Fürs Radfahren suche ich eh auch noch ein gutes Transportmittel. Ich war nur immer skeptisch, ob ein Anhänger in der Stadt sicher genug ist. Tendierte daher eher zu einem Kindersitz am Rad. Aber deine Beschreibung klingt schon gut! Vielen Dank für deine Tipps!!

  2. Schonmal an Manduca anstelle des Kinderwagens gedacht? Du hättest 2 freie Hände, müsstest nicht mit dem Kinderwagen hantieren und es bringt dich als Zusatzbonus auch näher zum Kind.

      1. Bis zu dem Zeitpunkt, als mein Sohn die Manduca plötzlich zur Gänze verweigert hat (mit ca. 2,5 Jahren), hats super funktioniert. Es ist wie eine Art verkehrtrum – also vorne – getragener “Rucksack”. Das Kind sitzt/liegt stabil darin wenn man die Manduca entsprechend einstellt/fixiert.

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